Ich bin schon da

"...ich bewege mich mühelos wie ein alter grönländischer Schamane, der seit langem die nützliche Kunst gelernt hat, die Seele vom Körper zu befreien und sie auf eine Wanderung durch die Welt zu schicken. Ich kann jede Nacht durch die Sumpfwiesen am Norra Nadden gehen oder in dem Haus von der vorigen Jahrhundertwende in alte dunkle Wohnungen schauen. Ich kann Schubladen aus einem Sekretär herausziehen, der vor vierzig Jahren auf eine städtische Auktion geschickt worden ist, und sehen, was darin liegt.
Auf dieselbe Art blättere ich auch wieder in den vorsokratischen Fragmenten. Es ist viele Jahre her, seit ich wirklich bei Diels und Kranz nachschlagen musste. Ich liege nachts da und blättere darin herum, in der schlaflosen Periode zwischen vier und fünf, versuche, einen Zusammenhang herzustellen, wo es vielleicht noch nie einen Zusammenhang gegeben hat, ordne sie und ordne sie auf andere Arten neu. Es ist wie eine Patience mit einem ausserordentlich dicken Kartenspiel. Und sie will nie aufgehen.
Nein, ich brauche nicht zu reisen. Ich bin schon da."



Lars Gustafsson, Frau Sorgedahls schöne weisse Arme. Frankfurt am Main, 2011. S.24f
aus dem schwedischen von Verena Reichel.


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